Pflanzenschutz in Kritik – wie geht es weiter?

  • 27. Januar 2020

Zum siebten Mal in Folge führten Bayerischer Bauernverband (BBV), Bayerische Jungbauernschaft (BJB), Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) und Verband für landwirtschaftliche Fachbildung in Bayern (VLF) einen gemeinsamen unterfränkischen Unternehmertag zum diesjährigen Thema „Pflanzenschutz in Kritik – wie geht es weiter?“ am 09. Januar 2019 in Bergtheim durch. Insgesamt 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Einladung.

In der Eröffnung bedankte sich BJB-Bildungsreferent Lars Schupp bei den vier ausrichtenden Organisatoren und freute sich über die wiederholte Durchführung des Gemeinschaftsprojektes im Weingut Schmitt.

Zu Beginn referierte Klaus Gehring vom Institut für Pflanzenschutz der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising-Weihenstephan zur „Pflanzenschutzstrategie für das fränkische Gebiet“ und stellte die Heimat der Anwesenden im Bezug zum restlichen Freistaat. Als Handlungsbedarf müssten viergliedrige Fruchtfolgen angestrebt und Zwischenfruchtanbau intensiviert werden, Biotop-Flächen installiert und vernetzt sowie chemischer Pflanzenschutz sensibel eingesetzt werden. Zum integrierten Pflanzenschutz bezog er dabei klar Position: „Das steht in den Lehrbüchern. In der Anbaurealität hat nur die Betriebswirtschaft dominiert.“ In seinen Augen falle das allen auf die Füße, ein Handlungskonzept sei die Lösung. Dabei müsse beachtet werden, dass alle Maßnahmen ein Für und Wider haben. Er wies auch auf eine Krux der heutigen Zeit hin: während es landwirtschaftliche komplexe Zusammenhänge gebe, werden diese öffentlich platt und oberflächlich diskutiert. Dabei seien die fachlich-technischen Zusammenhänge hochkomplex. Zum Abschluss machte er den Berufsvertretern Mut: „Die Welt im konventionellen Ackerbau wird nicht untergehen. Weiterhin wird es chemische Pflanzenschutzmittel geben. An der Umsetzung werden Sie von der Gesellschaft gemessen.“

Dr. Friedrich Dechet vom Industrieverband Agrar e. V. (IVA) stellte zielgerichteten und umweltschonenden Pflanzenschutz mit Konzepten für einen praktikablen, wirksamen Biodiversitäts- und Gewässerschutz in einer produktiven Landwirtschaft vor. Gleich zu Beginn gab er zu, dass hoher Druck auf dem chemischen Pflanzenschutz liege und der Verband eingesehen habe, dass sich die Welt verändere. Die Mittelzulassung sei jetzt schon schwierig und werde noch schwieriger, da hohe Hürden zu bewältigen seien. Der Experte machte deutlich, dass „jede Art von Landwirtschaft Biodiversität beeinflusst.“ Er rechnete vor: bei 100 Prozent Ökolandbau in Deutschland werden 6 Mio. Hektar landwirtschaftliche Fläche in anderen Erdteilen zum Produktionsauffang benötigt. Selbst beim offiziellen deutschen Ziel von 20 Prozent Ökolandbau müssten noch 850.000 Hektar Fläche als Ausgleich bewirtschaftet werden. Maxime aller Maßnahmen sollte sein: „Wenig Verlust an produktiver Fläche – viel ökologischer Effekt.“ Beim Gewässerschutz stellte Dechet, seit 29 Jahren im IVA tätig, die Hofabläufe als größten Eintrittskanal ins Gewässer vor. Er zeigte auf, dass beispielsweise eine kontinuierliche Innenreinigung der Pflanzenschutzspritze den Frischwasserbedarf senke, die Handhabung erleichtere und den Anwenderschutz erhöhe, da das Durchlaufen der behandelten Fläche verhindert werde.

Den Nachmittagsteil läutete Ministerialrat Konrad Koch aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium München ein und befasste sich mit umweltgerechtem Pflanzenschutz und den Überlegungen in Politik und Gesellschaft. „In 60 Jahren hat sich etwas in der Sichtweise der Welt verändert“, so Koch in seiner Einführung. Während Gentechnik in der Medizin zum Beispiel genutzt werde, sei Gentechnik in der Landwirtschaft ein Skandal. Er versprach den anwesenden Landwirten bei der Einbringung zur zukünftigen Gesetzgebung: „Bayern wird versuchen alles zu tun, um praxisgängig zu bleiben.“ Für ihn gebe es bei chemischer Unkrautvernichtung und Unkrautregulierung keinen kompletten Verzicht von chemischen Pflanzenschutzmitteln. Im Zeitraum 2005 bis 2018 lasse sich ein Rückgang der Pflanzenschutzmittel jedoch feststellen. 2019 sollte der Trend sich fortgesetzt haben. Er berichtete von der Ambivalenz zwischen Pflanzenschutzreduzierung und Ernährungsproduktion und gab dabei zu: „Politik besteht aus lauter Zielkonflikten.“

Zum Abschluss beleuchteten Bernhard Schwab, Abteilungsleiter Landwirtschaft im AELF Karlstadt, und Ökolandwirt Bernhard Sauer aus Mühlhausen bei Werneck den Themenkomplex „Pflanzenschutz – Erfahrungen aus dem Bioanbau“.  Während Schwab den Zuhörern vor allem Werkzeuge des ökologischen Pflanzenbaus sowie Beikrautregulierung und Krankheiten vorstellte, berichtete Sauer von seinen Erfahrungen aus 10 Jahren Biolandwirtschaft. Nach einem Umstellungsseminar 2008 bewirtschaftet er mittlerweile 120 Hektar ökologisch. „Das Wichtigste ist meiner Meinung nach die Fruchtfolge“, erläuterte er sein Erfolgsrezept. Zum Thema Preisentwicklung sagte er: „Habt keine Angst! Es werden einfach mehr Ökoprodukte mehr angeboten.“

Den Abschluss bildete eine Zusammenfassung von Gerd Düll, Behördenleiter und Bereichsleiter Landwirtschaft im AELF Kitzingen, der sich bei allen Teilnehmern für ihr Kommen bedankte und noch zum fertig angerichteten Kaffee mit Kuchen einlud, „um die Ökobilanz zu verbessern.“

Kategorien: Bezirke Unterfranken

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